Zum Hintergrund: Mit den garantierten Eigenkapitalzinsen will der Gesetzgeber Investitionen in die Strom- und Gasnetze anreizen. Energiekunden zahlen diese über die Netzentgelte. Der Zinssatz wird von der Bundesnetzagentur festgelegt. Aktuell liegt er bei 9,05 Prozent. Die Behörde strebt nun eine Zinssenkung auf 6,91 Prozent für den Zeitraum von 2019 bis 2023 für Stromnetzbetreiber bzw. von 2018 bis 2022 für Gasnetzbetreiber an.
Laut gemeinsamen Gutachten von Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne) und LichtBlick bleibt das Netz auch bei einem Garantiezins von 5,04 Prozent für Investoren künftig attraktiv – gerade auch im Vergleich zu anderen Geschäften. Da es sich beim Strom- und Gasnetz um Monopole handelt, gilt das Geschäft als risikoarm. „Die Zinssätze für risikoarme bzw. sehr risikoschwache Anlagealternativen sind nahezu auf Null gefallen bzw. sind negativ geworden“, heißt es dazu im Gutachten. Die Bundesnetzagentur habe diesen „Strukturbruch“ seit der Finanzkrise 2008 bei ihren Berechnungen nicht ausreichend berücksichtigt.
„Die Energiewende darf nicht länger als Begründung für sensationelle Profite im Monopolbereich missbraucht werden. Für Energiekunden bedeutet ein Absenken der Zinssätze endlich eine Ersparnis und das in Milliardenhöhe. Für den notwendigen Netzausbau, der auch bei höheren Renditen nicht vorangekommen ist, bliebe dennoch genügend Geld“, betont bne-Geschäftsführer Robert Busch.
Zu frühe Festlegung
Unnötige Kosten verursacht laut Gutachten vor allem die geplante Festlegung des künftigen Zinssatzes bereits in diesem Herbst. Der Grund: Ein Bestandteil, der Basiszins, ergibt sich aus den durchschnittlichen Renditen für Wertpapiere der vergangenen zehn Jahre. Laut einem Rechtsgutachten der Kanzlei RAUE LLP ist eine Entscheidung bereits in diesem Jahr nicht mit geltendem Recht vereinbar. Angemessen wäre eine Festlegung der Zinssätze für Stromnetzbetreiber im Jahr 2018 und für Gasnetzbetreiber im Jahr 2017. Eine spätere Festlegung würde angesichts fallender Marktzinsen auch zu einem niedrigeren Garantiezins für die Netzbetreiber führen.
Schon heute zahlt ein Durchschnittshaushalt 247 Euro pro Jahr für das Stromnetz, während aktuell für die vieldiskutierte EEG-Umlage 222 Euro anfallen. „Die Netzentgelte entwickeln sich auch deshalb zum Kostentreiber der Energiewende, weil Konzerne und Stadtwerke für ihre Strom- und Gasleitungen staatlich garantierte Traumrenditen deutlich oberhalb des im Markt üblichen Niveaus kassieren. Das ist skandalös“ so Gero Lücking, Geschäftsführer Energiewirtschaft bei LichtBlick.
Fragwürdig sind laut dem Gutachten von Prof. Wein zudem die Annahmen zum sogenannten Steuerfaktor. Zum einen wird dabei der Solidaritätszuschlag eingerechnet, dessen Fortbestand nach 2019 aber völlig offen ist. Auch die Ertragssteuer wird einberechnet – von dieser Abgabe sind viele Netzbetreiber als Körperschaften des öffentlichen Rechtes jedoch ohnehin befreit. Die Vor-Steuerzinssätze sind demnach zu hoch angesetzt. „Die Bundesnetzagentur muss die Gesetze einhalten und darf keine Geschenke zu Lasten der Strom- und Gaskunden verteilen“, fordert Gero Lücking.
Quersubventionierung verzerrt Wettbewerb
Die hohen Gewinne der Netzbetreiber verzerren den Wettbewerb im Energiegeschäft. Aufgrund der unzureichenden Trennung der Geschäftsfelder Netz und Vertrieb – sogenanntes „Unbundling“ – können integrierte Energieversorger Gewinne aus dem Netzbetrieb für ihre wettbewerblichen Geschäftsbereiche nutzbar machen. „Durch diese Quersubventionierung wird die neue Energiewirtschaft benachteiligt, weil sie ein derartiges Finanzierungsinstrument nicht hat“, betont bne-Geschäftsführer Busch.