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02.12.2019

25-Punkte-Programm für Photovoltaik

Der bne hat Vorschläge für die Anpassung der politischen Rahmenbedingungen erarbeitet, die kurz- bis mittelfristig den Ausbau von Solaranlagen auf Dächern und Freiflächen beschleunigen sollen.

Berlin, 2. Dezember 2019. Damit die Bundesregierung ihre Klimaziele erreichen kann, hat sie das Ausbauziel für erneuerbare Energien im Stromsektor auf 65 Prozent bis 2030 erhöht. Weitere Zielanpassungen werden erforderlich sein, um die anvisierte Treibhausgasneutralität bis 2050 zu erreichen. Ein elementarer Grund dafür ist, die Kopplung der Sektoren Strom, Wärme und Verkehr. Dies wird aus Gründen der Effizienz nur mit einer weitgehenden Elektrifizierung aller Sektoren möglich sein. Konsequenz dessen ist der forcierte Ausbau erneuerbarer Energien und damit ein deutlicher Ausbau von PV-Dachanlagen und PV-Freiflächenanlagen. Der Ausbau muss künftig das Mehrfache der heutigen Menge betragen. Dies ist kein Selbstläufer, ganz im Gegenteil die heutige Gesetzgebung verhindert den notwendigen wirtschaftlichen Ausbau von Solarenergie. Mittelfristig muss die Politik zudem dem Ansinnen der Artikel 21, 22 EU-Erneuerbare-Energien-Richtlinie Rechnung tragen, wonach sowohl die Eigenversorgung als auch gemeinsam handelnde Eigenversorger gestärkt werden sollen. Hierbei gilt es, praxistaugliche Regelungen zu schaffen, die gleichzeitig etablierte Geschäftsmodelle nicht behindern. Ebenso muss auch zwingend ein Rahmen für Post-EEG-Anlagen geschaffen werden.

Der bne schlägt in dem vorliegenden 25-Punkte-Programm für Photovoltaik kurz- bzw. mittelfristige Maßnahmen vor, die den Ausbau von PV-Anlagen sowohl auf dem Dach als auch in der Fläche stärken und beschleunigen.

  1. Anpassung der zugelassenen Anlagengrößen bei EEG-Anlagen
    In Strukturstärkungsgebieten gemäß Strukturstärkungsgesetz wird die Größenbegrenzung für EEG-Anlagen abgeschafft
    Erhöhung der Anlagengröße auf landwirtschaftlichen Flächen (benachteiligte Gebiete) auf 25 MW
    Die Anlagengröße von Agri-Photovoltaikanlagen (Flächen werden sowohl landwirtschaftlich als auch zur Stromerzeugung genutzt) wird auf 50 MW erhöht
    Bauliche Anlagen haben weiterhin keine Begrenzung, aber die Schärfung des Begriffs „bauliche Anlage“ ist notwendig
    Auf Konversionsflächen wird die Größenbegrenzung abgeschafft. So kann die Abgrenzung zu baulichen Anlagen geschärft werden
    Photovoltaik bietet für die Erhöhung der Anlagengrößen oberhalb 20 MW zusätzliche Systemdienstleistungen an. Beispiel: Ab Anlagengrößen von 50 MW wird zusätzlich Schwarzstartfähigkeit ermöglicht
  2. Eigenes Ausschreibungssegment für Dachanlagen
    Einführung eines eigenen Dachanlagensegments bei Ausschreibungen für PV-Dachanlagen oberhalb von 750 kW mit monatlichen Gebotsterminen.

Parallel dazu sollten im Rahmen der Innovationsausschreibungen, neue Ausschreibungsmodelle für Dachanlagen eingeführt werden, etwa ein Mengenmodell, wonach sich das Gebot an den Überschussmengen ausrichtet und ein Anteilsmodell mit symmetrischer, von der Eigenverbrauchsquote abhängiger Marktprämie.

  1. Übertragung von nicht-bezuschlagter Mengen der technologiespezifischen Ausschreibungen auf technologieneutrale Ausschreibungsvolumina
    Werden EE-Ausschreibung unterzeichnet, gefährdet dies die EE-Ziele. Daher sollen nicht-bezuschlagte Mengen von technologiespezifischen Ausschreibungen auf technologieneutrale Ausschreibungsvolumina übertragen werden.
  2. Einführung eines PV-Ausgleichsfaktors für technologieneutrale Ausschreibungen
    Mit der Einführung eines Ausgleichsfaktors für PV sollen die niedrigeren Jahressvolllaststunden der Photovoltaik im Vergleich zur Windenergie bei technologieneutralen Ausschreibungen zeitnah ausgeglichen werden. Beispielsrechnung. Werden 100 MW Wind nicht zugeschlagen, wird diese Menge technologieoffen ausgeschrieben. Bei einer reinen Bezuschlagung von Photovoltaikanlagen bekäme bei einem PV-Ausgleichsfaktor von zwei 200 MW einen Zuschlag.
  3. Bagatellgrenze beim Eigenverbrauch fließend gestalten
    Die Bagatellgrenze beim Eigenverbrauch soll statt einer Erhöhung fließend gestaltet werden, d.h. nur die Leistung oberhalb der aktuellen10 kW-Grenze wird angerechnet.
  4. Gleichstellung zwischen Lieferung und Eigenverbrauch bis 10 kW
    Gleichstellung von Direktstromlieferung und Eigenverbrauch und somit Befreiung von der EEG-Umlage bei Direktstromlieferungen
  5. Innovationsausschreibungen ausbauen
    Die Innovationsausschreibungen müssen stärker auf Innovationen ausgerichtet werden u.a. mit gesonderten Ausschreibungen für Flooting PV und Landwirtschafts-Photovoltaik) und für gesicherte Leistung an einem Netzverknüpfungspunkt oder definiertem Netzgebiet (Siehe auch Punkt 2. Eigenes Ausschreibungssegment für Dächer).
  6. PV-Eigenverbrauch stärker auf Systemerfordernisse ausrichten
    Eigenverbrauchsanlagen ohne Systembeitrag sollen für ihre Überschussmengen keine EEG-Vergütung erhalten (Bagatellgrenze nach unten in Höhe von 1 kW). Unabhängig davon, ob ein Systembeitrag geleistet wird oder nicht, können die Überschussmengen zum Marktwert vergütet werden.

PV-Dachanlagen, auch im Zusammenspiel mit Speichern, sind ein Grundpfeiler der Energiewende, da sie die Teilnahme auch von privaten Verbrauchern an der Energiewende ermöglichen. Eigenverbrauch ist ein zentrales Element für den Prosumer. Hier müssen die Rahmenbedingungen attraktiv gestaltet werden, um weiter private Investitionen in „Energiewendetechnologie“ anzureizen. Die Beibehaltung einer Umlagenbefreiung ist daher – wie auch in der RED II, Artikel 21 vorgesehen – zwingend notwendig. Eine erneute künftige Ausweitung der Restriktionen für Eigenverbrauchskonzepte (bspw. das Verbot von SLP + Eigenverbrauch und einer damit einhergehenden Verpflichtung für intelligente Messsysteme auch bei Anlagen < 7 kW) konterkarieren dieses Ziel.

  1. Mieterstrom stärken – restriktive Regelungen anpassen
    Finanzielle Ungleichbehandlung von Mieterstrom und Eigenversorgung: Anpassung des Mieterstromzuschlags, der in seiner Höhe gesetzlich festgelegt wird und sich gemäß der geltenden Degression eigenständig fortentwickelt
    Beseitigung gewerbesteuerlicher Barrieren für Solarenergie: Wohnungsunternehmen bzw. Immobilienbesitzer laufen bei Betrieb einer Solaranlage – im Gegensatz zum Betrieb einer Ölheizung – Gefahr ihre Gewerbesteuerbefreiung zu verlieren
    Flexible Umsetzungsmodelle für PV-Mieterstrom ermöglichen: Rechtlichen Klarstellung, dass das Lieferkettenmodell keine Einschränkung beim Mieterstromzuschlag darstellt
    Mieterstrom auf Gewerbedächern ermöglichen: Die Anforderung, dass nur Anlagen auf Gebäuden für den Mieterstromzuschlag berechtigt sind, die zu mindestens 40% dem Wohnen dienen, sollte ersatzlos gestrichen werden.
    Einzelne PV-Anlagen als einzelne PV-Anlagen behandeln: PV-Anlagen, die auf unterschiedlichen Gebäuden errichtet werden und technisch nicht zusammenhängen, sollten auch in der gesetzlichen Sichtweise nicht zusammengefasst werden.
  2. PV-Pflicht für Neubauten
    PV-Pflicht für Neubauten stellt sicher, dass das große Flächenpotenzial auf Neubaudächern genutzt wird und sich die zusätzlichen Kosten auch aufgrund der Kostendegression für PV-Module innerhalb weniger Jahre für den Bauherren/-gemeinschaft amortisiert.
  3. Zustimmung zu Photovoltaikanlagen im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) erleichtern
    Die Regelung zur Zustimmungspflicht im WEG muss analog zur Zustimmungspflicht beim Bau von Ladesäulen angepasst werden, damit für die Installation von Photovoltaikanlagen bei Eigentümerversammlungen keine Einstimmigkeit erforderlich ist
  4. Stärkere Berücksichtigung des Klimaschutzes bei Denkmalerwägungen
    Übermäßige Restriktionen des Denkmalschutzes beim Bau von Solaranlagen auf bzw. an Gebäuden abbauen.
  5. Schaffung eines 100.000-Fassadenprogramms
    Mit der Schaffung eines 100.000-Fassadenprogramms (Laufzeit 5, Jahre, 10%-Degression jährlich), analog zum vor 20 Jahren aufgelegten 100.000-Dächerprogramm, soll ein aktiver Beitrag zur Marktdurchdringung und zur Kostendegression geleistet werden, um die Marktreife von PV-Analgen für Fassaden zu beschleunigen.
  6. Anpassung der Rahmenbedingungen für Power Purchase Agreement (PPA)

Gesetzliche Klarstellung, die Rechtssicherheit bei langfristigen PPA ermöglicht:
Damit langfristige PPA-Verträge (10+ Jahre) unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten möglich sind
Inwiefern sich Vertragspartner bei langfristigen PPA auf das AGB-Recht und somit auf eine Schutzbedürftigkeit im Sinne des AGB‐Rechts berufen können.
Stärkung der Projektfinanzierung:
Staatliche Absicherung für PPAs in Analogie zu Hermesbürgschaften

  1. Stromsteuerbefreiung für PPAs und Ü20-PV-Anlagen
  2. Benachteiligung von Solarstrom bei der Strompreiskompensation streichen
    Stromintensive Unternehmen sollen vollständige CO2-Kosten-Kompensation erhalten, wenn sie nichtgeförderten Strom aus Erneuerbare-Energien-Anlagen beziehen.
  3. Verbesserung der Netzanschlussbedingungen für Photovoltaik-Freiflächenanlagen
    Netzanfragen sind binnen 20 Arbeitstagen nach Eingang zu beantworten, die zugehörigen Berechnungsdaten sind bei entsprechender Anfrage mitzuliefern oder offenzulegen.
    Die Netzbetreiber haben nach Vorlage der Fertigmeldung der PV Anlagen binnen 14 Werktagen in Betrieb zu nehmen und somit die Lieferfähigkeit des Stroms/ Inanspruchnahme ggf. gewährter Vergütungen zu ermöglichen
    Bei Netzanfragen werden immer auch vorhandene Alternativen in kundeneigenen Umspannwerken anderer Erneuerbarer genannt, die Netzbetreiber dürfen hierfür die Anschlussdaten nebst Nennung der Betreiber weitergeben. Ziel der Regelung ist die Herstellung von Hybrider Einspeisung, bessere Netznutzung
    Netzreservierungen erfolgen analog zu den Zeiträumen von erteilten Zuschlägen ggf. gegen eine analoge Gebühr und strafbewehrte Pflicht zur Aufgabe der Reservierung sofern Projekte keine BG erhält
  4. Rechte für Anlagenbetreiber bei Leitungsverlegung stärken
    Betreiber von EE-Anlagen sollen mit Netzbetreibern in Bezug auf Verlegungsrechte von Leitungen gleichgestellt sein.
  5. Rahmenbedingungen für Landwirtschaftsphotovoltaik verbessern
    Beibehaltung der landwirtschaftlichen Förderung bei gleichzeitiger energetischer Nutzung der landwirtschaftlichen Fläche mit einer Solaranlage ermöglichen.
    Förderung des Humusaufbaus bei Photovoltaikflächen
  6. Repowering an bestehenden Standorten ermöglichen
    Rechtliche Rahmenbedingungen für Repowering schärfen, z.B. Wann ist aus rechtlichen Gesichtspunkten ein PV-Modul kaputt?
    Zusätzliche Menge des Repowerings sollen bei Ausschreibungen additiv gerechnet werden, um einen Nettozubau zu gewährleisten
  7. PV-Zuschläge für benachteiligte Flächen sollten auch landesübergreifend gelten
    Damit soll es möglich sein, auch Photovoltaikanlagen auf Flächen zu bauen, die Landesgrenzen von Bundesländern überschreiten.
  8. Zahlungen für erbrachte Blindleistungskompensation im Netz durch PV-Anlagen
  9. Angleichung der technischen Anschlussbedingungen in ganz Deutschland
    Die Vielzahl technischer Anschlussbedingungen (TAB) führt zu Mehrkosten und Zeitverzögerungen. Der Wettbewerb wird behindert, da eine Standardisierung und oft auch eine breite Ausschreibung der Anschlusskomponenten nicht möglich sind.
  10. Privilegierung von Agri-Photovoltaikanlagen (APV) gemäß §35 Baugesetzbuch herstellen
    APV-Anlagen sollten mit einer einfachen Baugenehmigung nach §35 des Baugesetzbuches “Bauen im Außenbereich“ genehmigt werden können wie z.B. Hagelschutznetze, Hopfengestelle oder Reben. Die landwirtschaftliche Produktion ist hier prädominant und die APV dient als Schutzmaßnahme für bestehende Produktionsflächen, ist also nicht erstrangig zur Erzeugung von Solarstrom gedacht. Gleiches soll für schwimmende Solaranlagen, die auf gewerblich genutzten Wasserflächen errichtet werden sollen, gelten.
  11. Finanzielle Beteiligung der Kommunen an PV-Anlagen
    Um die Akzeptanz vor Ort zu stärken, sollen Kommunen an den Einnahmen der Anlagen beteiligt werden. Die Ausgestaltung muss deutschlandweit gelten und die Beteiligung regelmäßig erfolgen. Hierbei sind Konzepte zur Stellung von Eigenkapital oder Fremdkapital möglich, wobei die Beteiligung im Wege der Kreditvergabe (side-by-side mit einer Bankfinanzierung) einfacher und flexibler und damit vorzuziehen wäre.

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Lars Petereit

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